Fantasy in der Kinderbuchabteilung geht weg wie Kuchenteig.
„Harry Potter“ hat es vorgemacht. Seitdem geben sich Zauberer, Feen und Co. in der Welt der Kinderromane die Klinke in die Hand.
Mamas und Papas stehen Schlange, um ihren Sprösslingen den Wunsch nach dem neuesten Bestseller zu erfüllen.
Magie und Zauberei für leuchtende Kinderaugen.
Warum aber eigentlich?
Leuchten die Augen unserer Kleinsten wirklich nur bei fantastischen Geschichten oder auch bei fantasievollen Erzählungen ohne Fantasy?
Geht Fantasie für Kinderherzen überhaupt ohne Fantasy?
Und was haben Autorinnen und Autoren eigentlich genau im Kopf, wenn es um Fantasie, Fantastik oder Fantasy geht?
Ist das alles ein und dasselbe?
Wichtige Fragen, die sich nicht nur Eltern vorm Kinderbuchregal, sondern auch Kinderbuchautoren stellen.
Denn das Leuchten von Kinderaugen geht auf ganz unterschiedlichen Wegen. Auch ohne Feenglitzer und Zauberstab.
Lass mich zeigen, wie.
In diesem Artikel erhältst Du wertvolle Erkenntnisse für Deinen nächsten Kinderroman oder den sicheren Griff ins Kinderbuchregal.
Nicht nur für die erwähnten euphorischen Kulleraugen unserer Kleinsten, sondern auch für deren beste Persönlichkeitsentwicklung.
Du erfährst, warum Fantasie so wichtig ist und warum Fantasy ebenfalls ihre Berechtigung hat.
Du lernst, wie sinnvoll fantastische Elemente in Kinderbüchern sind, wie Kinderromane ohne Fantasy auch funktionieren und wer besonders von fantasievollen Kinderbüchern profitiert.
INHALTSVERZEICHNIS:
- Sind Fantasie und Fantasy das Gleiche?
- Fantasie zum Selbstdosieren – Von fantastischer Kinderliteratur bis High Fantasy
- Fantastik als Superzutat für kindgerechte Erzählungen mit Potenzial zur Weiterentwicklung
- Fantastik vs. Realität – Fantasie für jedes Alter?
- Fazit: Was fantastische Kinderromane lesenswert macht
Also lass uns loslegen …
Sind Fantasie und Fantasy das Gleiche?
Natürlich: Fantasie ist ein deutsches Wort.
Und Fantasy, die englische Übersetzung.
Dennoch:
Beide Begriffe verwenden wir im deutschsprachigen Raum etwas abweichend.
Fantasie verbinden wir eher allgemein mit dem Begriff Vorstellungskraft, während wir bei Fantasy vor allem über ein Literaturgenre sprechen.
Prof. Dr. Hannes Rakoczy, Leiter des Kinderstudienzentrums „Göttinger Kindsköpfe“, erklärt uns Fantasie sehr anschaulich in seinem Artikel:
„Fantasie ist die Fähigkeit, sich vorzustellen,
wie die Dinge sein könnten
oder wie sie hätten sein können.“
Fantasie bringt uns demnach nicht zwangsläufig ins Land der Feen und Elfen. Sich vorstellen, was sein könnte oder hätte sein können – das geht auch innerhalb unserer realen Welt.
In seinem Artikel erfahren wir außerdem, wie wichtig es ist, Fantasie zu entwickeln.
Eine gesunde Vorstellungskraft ermöglicht uns nämlich, Problemlösungen durchzudenken und zu planen.
Und genau das ist auch für Kinderromane so wichtig.
Denn bereits im Kindesalter lernen wir durch fantasievolle Rollenspiele unsere Welt und uns selbst mittendrin zu verstehen.
Natürlich hilft uns Fantasie auch dabei, fremde Welten und Figuren zu entwickeln.
In unserer Vorstellung kann alles passieren.
Von Magie bis Zauberei eben.
Genau das ist der Stoff, aus dem Fantasybücher gemacht sind.
Hexen, Zauberer, Drachen und Kobolde.
Von Parallelwelten, die unserer eigenen Welt ähneln, bis zum Weltenbau mit epischem Ausmaß.
Alles ist möglich.
Aber: Nichts muss!
Du siehst die echte Welt mit allen realistischen Vorkommnissen und Herausforderungen als den besten Lehrer an?
Fantasie dabei ja, aber Fantasy eher nicht?
Das kann ich gut verstehen.
Immerhin kannst Du auch mithilfe von Fantasie allein wunderbar fiktive, aber eben realistische Welten entwickeln.
Oder darf es doch ein wenig mehr Fantasie sein?
Über die Grenzen des Realistischen hinaus quasi.
Ein kleines bisschen Fantasy, aber nicht zu viel?
Klar – warum nicht!
Denn Fantasy ist nicht gleich Fantasy.
Es muss nicht immer „Herr der Ringe“ sein.
Fantasy in geringer Dosis geht auch.
Wie?
Okay, lass uns dafür Fantasy ein wenig näher beleuchten.
Fantasie zum Selbstdosieren –
Von fantastischer Kinderliteratur bis High Fantasy
Bisher dachte ich, ich sei kein Fantasy-Fan.
Doch dann listete ich im Kopf mal all die Kinderbücher auf, die ich im Laufe meines Lebens – mit und ohne meine Kinder – gelesen habe.
Und siehe da – so einige magische und übernatürliche Elemente tauchten auf: wie das Sams, Pippi Langstrumpf, Pumuckl und die grauen Herren bei Momo. Die sind doch alle nicht von dieser Welt.
Seit neuestem feiere ich auch die „Frau Honig“-Buchreihe von Sabine Bohlmann, in der ein zauberhaftes Kindermädchen äußerst mysteriöse Dinge anstellt.
Bin ich am Ende etwa doch ein Fantasy-Fan?
Jein!
Genau genommen bin ich ein Fan von fantastischer Kinderliteratur, nicht unbedingt von Fantasy.
Denn:
Kinderromane mit fantastischen Elementen ordnet man der fantastischen Kinderliteratur zu.
Fantasy wiederum gilt als ein Subgenre der Fantastik.
Auch Fantasy wird in weitere Kategorien eingeordnet, die jeweils unterschiedliche Erzählelemente und Protagonisten haben, was wiederum unterschiedliche Lese- und Lerneffekte bewirkt.
Schauen wir sie uns genauer an:
Low Fantasy – Die kleine Prise Fantastik für Kinderromane in unserer realen Welt
Erzählungen aus der fantastischen Kinderliteratur – also mit magischen oder übernatürlichen Elementen – bewegen sich häufig im Bereich der sogenannten Low Fantasy und damit sehr nah an unserer realen bekannten Welt.
Hier tauchen beispielsweise magische Wesen auf, wie das Sams, Frau Honig oder Pumuckl, und eine spannende und unterhaltsame Geschichte nimmt ihren Lauf.
Und zwar ausschließlich oder überwiegend in unserer bekannten Welt.
Low Fantasy mit Nachschlag – Wenn wir mit Kinderbüchern zu Parallelwelten verreisen
Hier gehen wir als Leser mit den Protagonisten auf eine Reise von unserer Welt in eine Parallelwelt.
Unsere reale Welt ist immer noch Ausgangspunkt der Handlung. Doch neben unserer echten Welt lernen wir auch eine andere – eine Fantasiewelt – kennen.
Hier finden wir zum Beispiel „Harry Potter“.
Aber auch „Alice im Wunderland“, eines meiner liebsten Kinderbücher aus dieser Kategorie, welches ebenfalls als Fantasybuch vermarktet wird.
Interessant eigentlich.
Denn dem aufmerksamen Leser wird zwischen den Zeilen auffallen, dass es sich beim Wunderland „nur“ um Alices Traumwelt handelt.
Während Harry sich also munter zwischen London und Hogwarts hin und her bewegt, hat Alice sich die Grinsekatze, den Hutmacher und Co. nur ausgedacht – in ihren Träumen.
Ist Träumen etwa nicht realistisch?
Tagträumende Kinder sind doch das Normalste der Welt oder?
Fantasievoll, aber real.
High Fantasy für den großen Fantasyhunger – Fremde Fantasiewelten von der ersten bis zur letzten Seite
Und wie sieht es im Bereich der High Fantasy aus?
Soll heißen, wenn die komplette Handlung einer Erzählung ausschließlich in einer anderen Welt stattfindet.
Figuren, Orte, Regeln und Gesetze – alles anders, alles fremd.
Unsere bekannte Welt existiert hier gar nicht.
Fantasy pur!
Nun ja. Wie bereits erwähnt – Fan bin ich nicht.
Aber was nicht ist, kann noch werden.
Generell bin ich immer offen für Neues.
Denn ich stelle mir vor, dass großartige und gleichzeitig realitätsbezogene Geschichten durchaus auch in der High Fantasy entstehen können.
Wenn beispielsweise die Anderswelt unsere reale Welt widerspiegelt und realistische Konflikte beschreibt.
Eine großartige Chance, wie ich finde, durch derartige Geschichten unsere Kleinsten für größere Zusammenhänge zu begeistern.
Du merkst, worauf ich hinauswill.
Für echten Lesemehrwert, der Grundlage zur Weiterentwicklung bietet, brauchen Bücher einen Bezug zur Realität.
Punkt.
Und in meiner persönlichen To-Read-Liste brauche ich Mehrwert und Weiterentwicklung.
Daher gilt für mich:
Erwachsenenliteratur bitteschön auf dem Boden der Tatsachen.
Keine fliegenden Drachen, übernatürliche Figuren und Orte, die es so nicht geben kann.
Ich möchte die echte Welt um mich herum verstehen lernen.
Will wissen, wie die Menschen ticken, wie die Natur funktioniert und wie das Universum aussieht.
Da lese ich Sachbücher, Ratgeber, Biografien und Fiktion, die fest mit beiden Beinen in unserer Welt stehen.
Bei Kinderbüchern ist es etwas anders.
Da kann ich Unrealistisches verzeihen – ja sogar feiern und spitze finden.
Warum?
Lies weiter.
Fantastik als Superzutat für kindgerechte Erzählungen mit Potenzial zur Weiterentwicklung
Fantasievolle Kindergeschichten auf Kulleraugenhöhe
Eigentlich ist es ganz einfach:
Kinderromane und Fantasie gehören zusammen wie Sonne und Meer oder Kaffee und Kuchen.
Wer Kindern eine Geschichte erzählen möchte, muss die Sprache der kleinen Leser sprechen.
Und diese Sprache heißt: Fantasie.
Fantasievolle Kinder brauchen fantasievolle Geschichten.
Denn die Fantasie der Geschichten beflügelt die eigene Fantasie des Kindes.
Und wie wichtig Fantasie für die Persönlichkeitsentwicklung ist, haben wir eingangs bereits besprochen.
Natürlich wollen wir unsere Kinder bestmöglich auf die Welt und all ihre Herausforderungen vorbereiten.
Aber eben nicht mit dem Vorschlaghammer.
Sondern sanft und gut dosiert – in mundgerechten Häppchen.
Und dabei kommen fantastische Elemente ins Spiel.
Denn Hexen, Zwerge oder Kobolde machen Erzählungen leicht und unterhaltsam.
Je jünger das lesende Kind, desto mehr wird es magische Wesen und Zauberkräfte lieben.
Denn diese Charaktere sind frech, witzig, schlau, stark – alles das, was das Kind selbst gern sein möchte.
Wie genial, wenn man der fiktiven Figur erst einmal zusehen kann, wie diese so klarkommt mit ihren Eigenschaften.
Ob sie es leicht hat im Leben oder eher aneckt und Ärger bekommt.
Mein jüngstes Kind zum Beispiel hat mit etwa fünf bis sechs Jahren das Sams geliebt.
Er träumte davon, selbst eines zu haben.
Denn mit einem Sams könnte er sich alle seine Wünsche erfüllen lassen. Allein über diese persönliche Wunschliste nachzugrübeln, gibt Grundlage zur Selbstreflexion.
Aber es kommt noch besser.
Das Sams macht Späße, hopst fröhlich durch die Weltgeschichte und verteilt freche Sprüche in Reimform.
Zum Totlachen!
Dabei steckt das lustige Wesen selbst alle Schimpfe und Schelte ein. Während mein kleiner Sonnenschein sich beim Lesen vor Lachen kringelt.
Ohne selbst ausgeschimpft zu werden.
Perfekter gehts gar nicht.
Persönlichkeitsentwicklung mit fantastischen Kinderbüchern
Und dabei ist das Sams nicht einfach nur frech und ungehobelt.
Nein, seine Sprüche und Weisheiten haben es oft ganz schön in sich.
Selbst als erwachsene Leserin horche ich da oft auf und denke: Oho! Das hat es aber schön gesagt.
Immerhin verdankt Herr Taschenbier – die eigentliche Hauptfigur der Geschichte – dem Sams eine wertvolle Basis zur Persönlichkeitsentwicklung.
Im Laufe der Geschichte lernt der schüchterne Buchhalter, sich durchzusetzen und sein Selbstbewusstsein gehörig aufzupolieren.
Das Sams als Persönlichkeitscoach.
Auch für Eltern Stoff zum Nachdenken.
So viel kindgerechte Persönlichkeitsentwicklung kann ich nur feiern.
Warum erzählen wir Kindergeschichten dann nicht immer mit fantastischen Elementen?
Scheint doch prima zu funktionieren oder?
Fantastik vs. Realität – Fantasie für jedes Alter?
Natürlich funktioniert Fantastik super – vor allem für jüngere Kinder.
Ältere Kinder dagegen begreifen bereits viel besser, was realistisch ist und was nicht.
Persönlichkeitsentwicklung funktioniert hier auch ohne fantastische Elemente.
Schließlich lassen sich großartige Geschichten auch ohne Magie und Zauberei erzählen. Geschichten aus der echten Welt eben.
Über Abenteuer, Reisen und das Überwinden von Hindernissen.
Über Freundschaft, Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl.
Und über die alltäglichen Dinge des Lebens.
Auch wenn die Bullerbü-Kinder aus einer längst vergangenen Zeit stammen und nicht mehr der heutigen Realität entspringen, begeistern sich noch heute viele Kinder für Astrid Lindgrens Erzählungen.
Und die Möwenweg-Kinder von Kirsten Boie zeigen es – Geschichten über Freundschaften werden nie alt.
Natürlich lassen auch ältere Kinder sich noch gern in die Welt der Fantastik entführen.
Doch sie begreifen bereits viel besser: Das ist alles nicht echt.
Wer trotzdem gern weiterhin in fremden Welten versinkt und andersartige Wesen kennenlernen möchte, wird sich an diesem Punkt ganz bewusst für Fantasybücher entscheiden.
Andere wiederum entscheiden sich bewusst dagegen.
Denn auch diese Kinder existieren.
Die gern realistische Bücher aus der echten Welt lesen.
Und Lebensweisheiten nicht mehr vom Sams, sondern von Tom Gates (Buchreihe von Liz Pichon) oder aus Gregs Tagebüchern nehmen.
Ich – als erwachsenes Kind – lasse mir mitunter sehr gern von Frau Honig oder dem Sams das Leben erklären.
Schließlich ist man für Persönlichkeitsentwicklung nie zu alt.
Ob ein Teenager das aber auch noch so cool findet, sei dahingestellt.
Also – Kinderromane mit Fantasie, aber ohne Fantasy – funktioniert es nun oder nicht?
Fazit: Was fantastische Kinderromane lesenswert macht
Es ist wohl wie mit der Milch im Kaffee – eine Frage des Geschmacks.
Für meinen Geschmack sollten fantastische Elemente in Kinderbüchern nicht dem Selbstzweck dienen, sondern als Werkzeuge fungieren, um die Geschichte auf eine bestimmte Weise zu transportieren.
Um den kleinen Lesern die Welt, in der wir leben, auf fantasievolle und leicht verdauliche Art näherzubringen.
Daher feiere ich zum Beispiel Paul Maar – den Erfinder vom Sams.
Nach seiner Art befragt, fantastische Geschichten zu erzählen, erklärte er in einem Interview:
„Ich gehe immer von der Wirklichkeit aus,
erst dann kommt das phantastische Wesen hinzu.“
Ein Fantasybuch dagegen, das vor Drachen, Kobolden und sonstigen Fantasiegestalten nur so wimmelt, aber keine interessante und wertvolle Geschichte erzählt, ist wie eine leere Hülle.
Wenn eine Handlung halbherzig um Fantasiegestalten und Anderswelten herumgestrickt wird, nur weil Fantasy halt IN ist – hm, schwierig.
In meinen Augen sogar fast bedenklich.
Weil Fantasie in Überdosis.
So braucht das Lesekind keine eigene Fantasie mitbringen.
Schade eigentlich.
Wie viel Milch Du im Kaffee trinkst und wie viel Fantastisches Du für Deine Kindergeschichten brauchst – das bleibt natürlich Dir überlassen.
Für echten Lesemehrwert aber solltest Du keine leeren Hüllen produzieren.
Du willst lesenswerte Kindergeschichten erzählen?
Mit gut dosiertem Einsatz von Fantasie und Fantastischem?
Oder lieber voll in der Realität?
Und Du brauchst Hilfe bei der Überarbeitung Deines Kinderromans?
Dann bist Du bei mir genau richtig.
Als Lektorin für Kinderromane und vor allem als Mutter von Lesekindern schlägt mein Herz für wertvolle Kinderliteratur.
Lesestoff, der bewegt – mit Fantasie und Herz.
Wenn wir hier auf der gleichen Wellenlänge sind, lass uns zusammenarbeiten! Kontaktiere mich per E-Mail und lass uns Dein Buchprojekt bequatschen.
Ich freue mich auf Dich und Deine Geschichte.